Blockade am 8. Mai: Post von der Polizei – was nun?

Im Nachgang zu den Protesten gegen Querdenken am 8. Mai haben inzwischen mehrere Menschen Post bekommen. Da es für viele das erste Mal ist, dass sie sich in einer solchen Situation befinden, wollen wir hier über ein paar Eckpunkte informieren und helfen, Unsicherheiten auszuräumen.

Wenn ihr von der Polizei Post bekommt, dass gegen euch ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird oder dass ihr bei der Polizei aussagen sollt, könnt ihr das erstmal getrost ignorieren. Die Polizei informiert euch dadurch nur darüber, dass sie euch verdächtigt, eine Straftat begangen zu haben. Auf keinen Fall solltet ihr auf Ladung der Polizei dort erscheinen und aussagen. Die unbedingte Aussageverweigerung ist nicht nur solidarische Praxis (u.a. weil ihr damit auch andere mehr belastet, als euch auf den ersten Blick klar ist), sie dient vor allem eurem eigenen Schutz. Die Polizei muss beweisen, dass ihr etwas getan habt. Wenn ihr mit ihr redet, könnt ihr euch eigentlich nur selbst belasten.

Da einige von euch noch minderjährig sind und ggf. von euren Eltern zur Aussage gedrängt werden, macht auch euren Eltern klar: Aussageverweigerung ist kein Opfer, das ihr zu euren Lasten und zu Gunsten der Szene bringen sollt. Auch in „unpolitischen“ Strafverfahren ist es fast nie sinnvoll, auszusagen. Jeder Strafverteidiger ermahnt auf seiner Webseite, dass Beschuldigte von ihrem Recht zu Schweigen auch Gebrauch machen sollten. Solltet ihr hier weitere Ratschläge brauchen, kommt gerne auf uns zu. Wir können euch auch direkt bei Gesprächen unterstützen.

Wenn die Polizei ihr Ermittlungsverfahren abgeschlossen hat, übernimmt die Staatsanwaltschaft. Sie entscheidet, ob sie das Verfahren einstellen wird oder ob sie Anklage erhebt/einen Strafbefehl beantragt. Wenn die Polizei noch nie gegen euch ermittelt hat, wird das Verfahren gegen euch wahrscheinlich eingestellt. Aber auch im Fall einer Anklage muss ein Gericht noch darüber entscheiden, ob das was ihr gemacht habt wirklich strafbar war.

Ob die Blockade wirklich eine „erhebliche Störung“ einer angemeldeten Versammlung im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 2 NVersG war, ist für den konkreten Fall noch nicht gerichtlich geklärt, nach unserer Rechtsauffassung ist der Straftatbestand aber eindeutig nicht verwirklicht. Die Schwurbeldemo konnte (leider) ohne große Probleme und ohne große Verzögerung umgeleitet werden, für die Durchführung war es auch nicht wesentlich, dass sie über die blockierte Kreuzung lief. Wir haben uns ein paar Urteile angeschaut – alle Verfahren, in denen die Angeklagten freigesprochen wurden, waren noch weniger störend; in alle Verfahren, in denen die Angeklagten verurteilt wurden, wurde die blockierte Demo wirklich komplett lahmgelegt.

Diesen Graubereich nutzte die Polizei schon bei der Blockade, um alle Personalien aufzunehmen, jetzt nutzt sie den Graubereich zum Aufbau einer Drohkulisse. So funktioniert staatliche Repression.

Wir können euch nicht mit Sicherheit sagen, dass bei den Verfahren am Ende nichts rauskommen wird, halten das aber für recht wahrscheinlich. Ziemlich sicher ist, dass deswegen nichts in eurem Führungszeugnis landen wird.

Wenn die Post nicht mehr von der Polizei, sondern von der Staatsanwaltschaft oder einem Gericht kommt, meldet euch bei uns! Wir unterstützen euch und vermitteln z.B. solidarische Anwält*innen.

Wenn ihr weitere Fragen habt, kommt gerne zu unserer Sprechstunde jeden 3. Dienstag im Monat um 18 Uhr im Infoladen im Alhambra vorbei (bei Bedarf auch zu einem anderen Termin). Hilfe bekommt ihr auch von der Oldenburger Rechtshilfe jeden Donnerstag um 21 Uhr, ebenfalls im Infoladen. Meldet euch gerne auch bei uns per E-Mail an oldenburg@rote-hilfe.de. Den PGP-Key findet ihr auf unserer Webseite: https://rotehilfeoldenburg.noblogs.org/.